Dana Levy &
Die Sonne geht langsam auf – in Schwarz-Weiß am Horizont über einem dunklen Wald, dann über einer Skyline einer Vorstadt-Hochhaussiedlung. Musik wie aus Thrillern, oder Horrorfilmen längst vergangener Dekaden lädt schon die ersten Szenen mit Spannung auf. Danach weiterhin in schwarz-weißer Überwachungskamera-Ästhetik Bilder menschenleerer Orte, die sonst immer mehr als belebt sind – die spanische Treppe und die Piazza Navona in Rom, die Eingangshalle des Düsseldorfer Flughafens, eine Einkaufsstraße in Athen, die Piazza San Marco in Venedig, der Broadway und die Park Avenue in N.Y.C., eine Bar in Key West, eine Hauptstraße in Madrid und weitere, meist starre Einstellungen aus Hollywood, Tokio, Las Vegas, Taiwan, Santa Monica, Paris, der Ukraine, usw.. Überall sieht man höchstens ein bis zwei Personen verloren umhergehen, manchmal werden sie an Straßensperren von militärischer oder polizeilicher Bewachung kontrolliert. Es sind fast alles Bilder von Live-Webcams aus der Zeit des nahezu weltweiten Lockdowns während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020, was man an den oben im Bild eingeblendeten Informationen ablesen kann. Es bleibt dabei jedoch offen, ob diese von der Künstlerin eingefügt – wofür das immergleiche Design der Angaben sprechen würde – oder so vorgefunden wurden. Auch Aufnahmen aus diversen zoologischen Gärten sind darunter – die Tiere scheinen seltsam unberührt von der bedrohlichen Stimmung.
Diese dokumentarischen Szenen sind durchsetzt von Film- und Tonausschnitten aus zwei postapokalyptischen, schwarz-weißen Horrorfilmen aus den 1960er Jahren, aus denen auch die unterlegte Musik stammt (Last Woman on Earth, Roger Corman, 1960 und The Last Man on Earth, Ubaldo Ragona, 1964). In letzterem hat eine Pandemie (!) dafür gesorgt, dass außer einem einzigen Menschen scheinbar alle anderen tot, oder zu Vampiren mutiert sind – dieser eine ist immun gegen den Erreger, da er früher einmal von einer infizierten Fledermaus gebissen wurde (!).
Die Szenen aus diesen Filmen sind dramaturgisch so geschickt zwischen die aktuellen Live-Webcam-Bilder montiert, die Musik und Dialogteile so präzise unterlegt, dass man die Übergänge nicht immer sofort bemerkt und Fakten und Fiktion ins Cinemascope Format quadriert fast nahtlos ineinander übergehen. Last Man führt uns auf diese Weise gekonnt und mit großer Evidenz die erschreckende Nähe unserer derzeitigen Situation zu bisher nur fiktional postkatastrophalen Narrativen vor Augen – man kann und will es fast nicht glauben. (Stefan Panhans)