




Beatrice Gibson &
Beatrice Gibsons Kurzfilm Deux Soeurs Qui Ne Sont Pas Soeurs ist eine Adapation von Gertrude Steins surrealistischem Drehbuch der Mörder-Melodrama-Oper Three Sisters Who Are Not Sisters aus dem Jahr 1929. Die in London lebende Künstlerin und Filmemacherin verwebt eine abstrakte Kriminalgeschichte mit intimen Begegnungen rund um die Themen Schwangerschaft und Elternschaft, Prekarität und Widerstandsfähigkeit. Zugleich schillernd und mysteriös erzählt die lose verbundene Narration von der Suche nach einem verschwundenen Pudel, einem Glam-Rock-Starlet am Rande des Zusammenbruchs, den Arbeitsroutinen von Wäscherinnen und von einer nachdenklichen Dichterin. Sie bezieht darüber hinaus auch die Schilderung eines Traums über ein Neugeborenes, das sich in ein Spiegelei verwandelt, und existenzialistische Enthüllungen über die Ängste vor der Reproduktion unter neofaschistischer Herrschaft und drohender Barbarei mit ein. Der einen hohen Produktionsstandard aufweisende Kurzfilm spielt im heutigen Paris und an weiteren Drehorten in London und Lissabon und folgt einem zeitgenössisch-mehrsprachigen Ansatz, in dem Szenen auf Englisch, Französisch oder brasilianischem Portugiesisch verbunden sind. Der Film beinhaltet einen dramatischen Original-Soundtrack des Komponisten Laurence Crane, der mit dem theatralisch-affektierten Gesang des Rock-Starlets oder mit Songs wie Total Eclipse of the Sun von den Einstürzenden Neubauten verwoben ist. In direkter Referenz auf Gertrude Steins Einbeziehen autobiografischer Details in ihre Inhalte hat Gibson für Deux Soeurs Qui Ne Sont Pas Soeurs eine Reihe von Freund*innen, Kolleg*innen und weitere Personen, die sie beeinflusst haben, als Schauspieler*innen vor die Kamera geholt. Dazu zählen u.a. die Künstlerin und Filmemacherin Ana Vaz, der Multimediakünstler Adam Christensen, die Pädagogin Diocouda Diaune und die New Yorker Dichterin Alice Notley. Der Experimentalfilm wurde in engem Dialog mit dem Kurzfilm I Hope I'm Loud When I'm Dead (2018) entwickelt, der Interviews mit den Dichter*innen C.A. Conrad und Eileen Myles als Ausgangspunkt nimmt und sich zu einer Hommage an radikale feministische Denker*innen und Künstler*innen sowie einem Tribut an ihre eigene Tochter ausweitet. Beide Werke erschließen einen Ort der Reflexion über Vorstellungen von kollektiven künstlerischen Prozessen, generationenübergreifenden Verwandtschaftsbeziehungen und Traditionen der Nicht-Fügsamkeit im Kontext von gesellschaftspolitischem Engagement und dem Gefühl der Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen. (Viktor Neumann)